Update (12.09.2018): Mittlerweile haben sich bereits einige Antworten auf die in diesem Artikel aufgeworfenen Fragen und Problemstellungen ergeben. Hierzu wurde ein weiterer Artikel verfasst, welcher unter diesem Link abrufbar ist.

Der US-amerikanische Softwareanbieter Flexera Software LLC hat Anfang Mai 2018 die Übernahme der schweizerischen Brainware Holding AG (Schweiz) (kurz: brainwaregroup) bekannt gegeben.

Flexera ist vor allem für seine Software-Asset-Management-Plattform „FlexNet Manager“ bekannt, bietet darüber hinaus aber auch Tools zur Anwendungspaketierung und zum Management von Software-Schwachstellen an. Mit dem SAM-Tool „FlexNet Manager“ spricht Flexera insbesondere Konzerne sowie große und mittelständische Unternehmen an und verspricht mit ihrer umfassendsten, aber auch nicht ganz kostengünstigen „FlexNet Manager Suite for Enterprises“ eine ganzheitliche Lösung zur unternehmensweiten Kontrolle und Verwaltung eines Software-Bestandes.

An einen ähnlichen Kundenkreis richten sich die Lösungen unter der Dachmarke „Spider“ der brainwaregroup, welche das IT-Asset- und Lizenzmanagement und das Vertragsmanagement unterstützen. Die „Spider“-SAM Suite deckt die Anforderungen an diese Management-Themen mit den drei Modulen „Spider Asset“, „Spider Licence“ und „Spider Contract“ ab.

Mit der nun erfolgten Übernahme der brainwaregroup verfolgt Flexera nach eigenen Angaben die Strategie, die Marktpräsenz in der DACH-Region zu steigern und auszubauen. Es stellt sich jedoch die Frage, wie sich diese Strategie in der Folge für Nutzer der beiden Tool-Sammlungen auswirken wird.

Die geringsten Auswirkungen dürfte die Übernahme der brainwaregroup für bestehende FlexNet-Kunden haben. Diese Kunden könnten gegebenenfalls sogar langfristig von einer Verbesserung und Ausweitung der Flexera-Tools auf Basis der „Spider“-Features profitieren, wie es Flexera auf ihrer Homepage ankündigt:

Flexera wird die Lösungen und Kunden der Brainwaregroup weiterhin unterstützen und im Laufe der Zeit die Produkte in die branchenführende FlexNet Manager Suite for Enterprises und andere Flexera-Lösungen integrieren.“

Nicht zuletzt diese Ankündigung konfrontiert Nutzer der „Spider“-Tools hingegen mit nicht unerheblichen Fragen, zu denen sowohl brainwaregroup als auch Flexera zur Zeit noch keine restlos zufriedenstellenden Antworten liefern.

Am wichtigsten dürfte zunächst die Frage nach der Sicherstellung des Supportes sein. Diesbezüglich verspricht brainware in einer E-Mail an ihre Kunden, dass Flexera den Support der „Spider“-Tools für drei Jahre gewährleisten würde. Ob jedoch auch nach Ablauf dieser Dreijahresfrist mit Support für „Spider“-Tools gerechnet werden kann, ist unklar. In Ansehung der Ankündigung von Flexera, dass man brainwaregroup-Produkte in FlexNet Manager Suite und anderen Flexera-Lösungen „integrieren“ werde, ist eine Assimilation der „Spider“-Tools und damit früher oder später einhergehend die Einstellung des Supportes dieser Produkte (bzw. dann alten Versionen) nicht unwahrscheinlich.

Es ist aber davon auszugehen, dass Flexera schon aus reinem Eigeninteresse die „Spider“-Kunden nicht verprellen will und im Falle einer gewünschten Migration nicht alleine lassen wird. Mit welchen Aufwänden eine mögliche Migration einhergehen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch unklar. Aufgrund des derzeit noch sehr frühen Entwicklungsstadiums können bisher hierzu noch keine belastbaren Aussagen getätigt werden. Die Hersteller geben dazu an, dass sie, wie schon bei jedem größeren Major-Release in der Vergangenheit, entsprechende Migrationsanleitungen veröffentlichen werden.

Da ein unternehmensweiter Umstieg auf ein grundlegend anderes Tool (oder eine grundlegend andere Version) jedoch ein Projekt sein kann, welches je nach Unternehmensgröße durchaus länger als ein Jahr in Anspruch nehmen kann, ist es empfehlenswert, sich frühzeitig mit den daraus resultierenden Herausforderungen zu beschäftigen.

Nicht zuletzt spielen auch finanzielle Aspekte im Rahmen einer Migration eine Rolle. Ob eine solche Migration zu gleichen oder besseren finanziellen Bedingungen für ehemalige brainwaregroup-Kunden ermöglicht werden wird, ist anzuzweifeln, da Flexera nicht unbedingt zu den günstigsten Lösungen für das Software-Asset- und Lizenzmanagement zählt. Es empfiehlt sich daher, ein wachsames Auge auf die zukünftige Preisentwicklung beider Tools zu haben und dabei auch die Beobachtung der Entwicklung der Wartungskosten selbstverständlich nicht zu vernachlässigen. Sollten sich Kunden kurz vor (oder gerade in) Verhandlungen über die Verlängerung von Wartungsverträgen befinden, wäre dies beispielsweise ein idealer Zeitpunkt, um sich über zu erwartende Preisänderungen oder mögliche Preisgarantien zu informieren.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Übernahme der brainwaregroup durch Flexera nun gerade Bestandskunden mit offenen Fragen zurücklassen dürfte. Es ist jedoch nicht angebracht, den Einsatz der Tools kurzfristig infrage zu stellen. Wichtigste Aufgabe des unternehmerischen Lizenzmanagements ist nach wie vor die Sicherstellung der Compliance und bei dieser Aufgabe unterstützen sowohl „FlexNet“ als auch „Spider“ in gewohnter Weise und werden dies auch innerhalb der nächsten drei Jahre wie gewohnt tun. Selbst nach einem möglichen Auslaufen des Supports für „Spider“-Produkte werden diese ihre Funktionsfähigkeit beibehalten und das Lizenzmanagement unterstützen können.

Bei einer ohnehin anstehenden Neuanschaffung empfiehlt es sich für Unternehmen und Behörden, diesen Schritt jedoch erst nach sorgfältiger Marktanalyse und gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von unabhängigen Experten in Angriff zu nehmen.